Eine Besonderheit: Eisheizung im Kindergarten Pfullendorf

17.12.2024

Hast du schon mal was von einer Eisheizung gehört? Nein? Dann geht es dir genau wie mir. Erst durch ein spannendes Interview mit Herrn Peter, Stadtbaumeister der Stadt Pfullendorf, bin ich auf dieses umweltfreundliche Heizsystem aufmerksam gemacht geworden. Dieses System wurde 2016 im Kindergarten „Sonnenschein“ in Pfullendorf verbaut und ich habe nicht nur gestaunt, wie diese Anlage funktioniert, wie viel ausgereifte Technik verwendet wurde, sondern auch, wie umweltfreundlich diese gesamte Anlage ist. Ich habe euch neugierig gemacht? Dann lest doch das folgende Interview!


Blubbr: Wie funktioniert eine Eisheizung?

Herr Peter: Eine Eisheizung ist ein sehr interessantes Prinzip. Ganz grob gesagt, haben wir beim Kindergarten „Sonnenschein“ eine PV-Anlage, die auf dem Flachdach montiert ist, einen Stromspeicher, eine Wärmepumpe, die Wärme an den Absorber abgibt und eben einen Eisspeicher, der in der Erde vergraben ist, verwendet. Das ist ein großer Behälter, der Ähnlichkeiten mit einem Regal bzw. einer Leiter hat. Darin sind spiralförmige Rohrleitungen verlegt, die einen Wärmetauscher mit einem inneren und einem äußeren Kranz haben. Wenn der Behälter mit Wasser gefüllt ist, dient diese nun als Energiespeicher. Während dem Einsatz der Eisheizung entzieht ein Wärmetauscher dem flüssigen Wasser Energie und leitet diese an eine Wärmepumpe. Die entstehende Wärme bei den Prozessen in der Wärmepumpe kann nun zum Heizen genutzt werden. Dadurch, dass das Wasser die Wärme an den Wärmetauscher abgibt, sinkt die Temperatur und es gefriert. Der Wärmetauscher führt dem Eisspeicher aber auch wieder Wärme über einen Absorber zu. So taut der Speicher langsam auf. Ist das Wasser wieder flüssig, kann dieser Kreislauf erneut und immer wieder wiederholt werden. 

Das Großartige an dieser Art Heizung ist die Nutzung der Kristallisationsenergie. Das bedeutet, dass der Eisspeicher auch Energie generiert, wenn das Eis gefriert. Beim Wechsel des Aggregatszustandes von Wasser zu Eis wird Energie freigesetzt. Und zwar so viel, wie gebraucht wird, um ein Liter Wasser von 0° auf 80° zu erwärmen. Und die ganze Energie zum Betrieb der Wärmepumpe sowie der Wärmetauscher kommt aus der eigenen PV-Anlage und dem Stromspeicher. Und wenn es im Sommer zu heiß ist, hilft der Eisspeicher zusätzlich das Gebäude zu kühlen und ersetzt so die Klimaanlage.

Die Energiegewinnung beträgt hier 80% mehr als bei anderen Systemen, das liegt an der kleinen Temperaturdifferenz von gerade einmal 4°C.


Blubbr: Warum hat man sich für dieses Heizsystem entschieden?

Herr Peter: Uns war es wichtig, dass wir die bestehenden Systeme klug miteinander vernetzen. Also, dass wir aus den einzelnen Systemen, die es bereits gibt, etwas Großes bzw. einen geschlossenen Kreislauf machen. Seit 45 Jahren arbeite ich in der Baubranche, aber dieses Projekt war wirklich nochmals eine Herausforderung, die wirklich Spaß gemacht hat und in das ich mich ziemlich reingefuchst habe. Die Vorteile dieser Eizheizung liegen – besonders für diesen Kindergarten- auf der Hand.


Blubbr: Was sind denn die Vorteile von einer Eisheizung?

Herr Peter: Es gibt viele Vorteile, die für dieses System sprechen. Ein großer Vorteil ist – ganz abgesehen von der Umweltfreundlichkeit - sicherlich die Energiekosten. Diese liegen im Jahr bei gerade einmal 300€ für den gesamten Kindergarten. Auch wenn die Anschaffungskosten natürlich höher sind, man hat diese relativ „schnell“ wieder reingeholt. Dieses Heizsystem ist so konzipiert, dass es im Winter heizt und im Sommer kühlt. Man kann das ganz individuell steuern, so wie man es gerade braucht. Das ist natürlich ein großer Vorteil. Auch haben wir uns ganz bewusst dafür entschieden, statt einer Fußbodenheizung eine Deckenheizung einzubauen. Nicht nur, dass man im Notfall besser an die Technik kommt, auch die infraroten Strahlungen sind gegenüber konvektiven Heizsystemen besser und viel angenehmer. Dazu zählt, dass es keine trockene Luft gibt, also auch weniger Keime und Bakterien. 

Zudem gibt es keine Staubaufwirbelung und die Wärme verteilt sich einfach besser auf den unterschiedlichen Oberflächen. Das ist besonders für die Kinder natürlich angenehm. Wichtig zu erwähnen ist hier auch, dass wir, als wir den Neubau geplant haben, eine Radonfolie verbaut haben, die vor Strahlungen schützt. Obwohl wir nachweislich in einer radonarmen Gegend wohnen. Da wollten wir aber auf Sicherheit gehen. Also zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir wirklich nur positives Feedback von allen Seiten bekommen und dieses Heiz-bzw. Kühlsystem sich wirklich bewährt hat, das spiegeln auch die Energieberichte wider.


Blubbr: Ist diese Technik in weiteren Gebäuden geplant?

Herr Peter: Nein, im Moment ist dieses Heizsystem in keinen weiteren Gebäuden der Stadt Pfullendorf geplant. Aber vielleicht ja in der Zukunft, man weiß es ja nie – sinnvoll wäre es sicherlich. Aber da müssen alle Gegebenheiten passen.


Blubbr: Wäre eine Eisheizung auch etwas für Privathaushalte?

Herr Peter: Im Prinzip kann man eine Eisheizung auch in einem Privathaushalt einbauen, das ist an sich kein Problem, wenn alle Umstände passen. Aber man müsste ausrechnen, ob sich das bei der Fläche wirklich rentiert und ganz wichtig, es muss ein Neubau mit den höchsten Energiestandards sein. Bei Altbauten, die schlecht isoliert sind, da lohnt es sich definitiv nicht. Aber es gibt bereits Neubaugebiete, da wird das von Anfang an geplant und da ist es als Verbund sicherlich sinnvoll. Ob das die Zukunft ist, das wird man sehen, da hängen zu viele Faktoren von ab, um eine Prognose abzugeben.


Blubbr: Ganz lieben Dank für diesen interessanten Einblick und das nette Gespräch!

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